Die Entstehung der
Geschlechterhierarchie
als unbeabsichtigte Nebenwirkung
sozialer Folgen der Gebärfähigkeit und des Fellverlusts
Ein Essay von Helke Sander
Verlag Zukunft & Gesellschaft
ISBN 978-3-00-055652-4, 26,90 €
E-Book ISBN 987-3-00-055689-0, 11,99 €
In meinem Buch von 2017 habe ich detailliert beschrieben, wann und warum die Tätigkeiten zwischen den Geschlechtern sich zu differenzieren begannen und vor ca. 800.000 Jahren das einsetzte, was normalerweise mit dem Begriff „Arbeitsteilung“ umschrieben, aber zeitlich bisher in der Vorgeschichtsforschung nie belegt wurde. Ich benutze den Ausdruck Tausch, der treffender ist, weil nicht die Arbeit geteilt wurde, die es in unserem Sinn noch gar nicht gab, sondern die Produkte, die eine allmählich einsetzende Spezialisierung in den Tätigkeiten von Frauen und Männern hervorgebracht hatten.
Es ist nützlich, das Buch begleitend zu lesen. Der folgende Text über eine Erweiterung des Kapitels über die Viehzucht bezieht sich immer wieder auf das Buch und die darin enthaltene Literaturliste.
Mit dem Begriff Tausch (statt Arbeitsteilung) begannen die sozialen Beziehungen zwischen Frauen und Männern und ersetzten allmählich die bis dahin herrschenden instinktiven Beziehungen. Die Zeiträume, in denen sich der allmähliche Übergang verfestigte, sind zunächst in Jahrhunderttausenden zu bemessen und verkürzen sich im Verlauf der Entwicklung. Heute spielen sich wesentliche und umwälzende Erfindungen in Nanosekunden ab wie z.B. die digitale Gesichtserkennung mit noch unbekannten Folgen, die weitere noch unbekannte soziale Veränderungen hervorrufen werden.
Ich habe durch meine Arbeit diesen Einschnitt in der Menschheitsgeschichte – den Beginn des Tauschs – zeitlich markieren können, indem ich der Entwicklung der Produktionsmittel gefolgt bin. Damit ist zum ersten Mal eine Geschichtsschreibung von Urzeiten an aus der Perspektive der Frauen möglich und benennt die Probleme, die sich ihnen im Lauf der Zeit stellten. Die immer noch benutzten Theorien über „natürliche“ Arbeitsteilung oder andere verschwommene Begriffe werden vom Kopf auf die Füße gestellt und erlauben es, den Beginn der Frauenunterdrückung ebenfalls zeitlich zu markieren und die Gründe zu verstehen, warum der erste Gau der Menschheitsgeschichte gleichzeitig auch eine Zeit ungeheuren Fortschritts war.
Mit diesem Thema habe ich mich seit 1968 immer wieder kontinuierlich beschäftigt, da ich die Ursachen für die weltweite spätere Frauenunterdrückung herausfinden wollte. Ich musste dafür immer tiefer in die Vorgeschichte tauchen. Statt „Arbeitsteilung“ also habe ich herausgefunden, dass es der Tausch war, der die sozialen Beziehungen zwischen Frauen und Männern begründete. Das ist etwas vollkommen anderes. Es definiert die Geschlechter als gleichberechtigte Handelspartner und hat noch nichts mit Sex zu tun, der lange Zeit frei von sozialen Regeln ausgeübt wurde.
Der zweite Umschlag in der Geschlechterbeziehung geschah in den Jahrtausenden des Neolithikums. Diese Zeit markiert einerseits einen Schub in die Moderne, weit weg von den ursprünglich noch tierischen Lebensformen und bildet gleichzeitig den Ausgangspunkt für die daraus entstehenden hierarchischen Beziehungen zwischen Tieren und Menschen und Menschen und Menschen, deren erste Opfer Tiere und bald Frauen waren – sicher durchaus mit deren Zustimmung, weil die Kehrseiten des Fortschritts, nämlich die Aufgabe von immer mehr Autonomie, noch nicht erkannt werden konnten. Im nachfolgenden Text begründe ich diesen durch Viehzucht und Landwirtschaft verursachten Einschnitt, der nun tatsächlich durch Arbeitsteilung hervorgerufen wird, weil erst jetzt Arbeit entstand.
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Helke Sander ©
Viehzucht als Zeitenwende
Beginn von Arbeit, Unterdrückung und Ausbeutung
Der erste Gau
Der alte Begriff Arbeitsteilung ist untrennbar mit falschen Bedeutungen belastet. Er assoziiert fast automatisch auch ein Geschlechterverhältnis, das die Frauen ins Haus und zu den Kindern und die Männer ins Leben hinaustreibt, wo sie zu den Herren der Schöpfung avancieren und die Geschicke und Geschichte bestimmen. Das stimmt auch für die letzten paar tausend Jahre, aber nicht für die Millionen Jahre der Menschwerdung davor. Um es noch einmal zu sagen: Der Begriff Tausch ist mit Handel zwischen gleichberechtigten Partnern verbunden, die sich gegenseitig etwas zu bieten haben und gelernt haben, ihre Interessen auszugleichen. Dies genau ist geschehen und begründete die menschliche Kultur.
Mit dieser Erfindung verabschiedeten sich die werdenden Menschen vom Tierreich.
Wie im Buch beschrieben, kann ich einigermaßen genau – immer in Jahrtausenden gerechnet – die Zeit festlegen, wann und warum die zunächst selbstverständliche Gleichwertigkeit zwischen den Geschlechtern ein Ende fand. Sie beruhte darauf, dass jede und jeder über lange Zeiträume die eigene Nahrung suchen. Es gab keinen Anlass zur Hierarchisierung, es wurde noch nichts geteilt.
Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es ziemlich schwer ist und eine Weile braucht, sich diese langen Zeiträume überhaupt vorstellen zu können, in denen die beginnende Menschheit zuerst langsam und dann immer schneller erstaunliche Fähigkeiten entwickelte, allerdings gleichzeitig immer auch ein Stückchen ihrer vorher bestehenden Autonomie auf der Strecke ließ. Am Anschaulichsten ist es, sich dabei vorzustellen, wie viele Jahrhunderttausende notwendig waren, bevor unsere Vormütter, die als Äffinnen starteten, die Tatsache ihrer Menstruation als zeitliche Wiederkehr begriffen und sie außerdem noch mit Himmelserscheinungen zu synchronisieren lernten. Das Staunen über diese Tatsachen hatte wiederum weitere Vorstellungen zur Folge und machte es sehr viele Jahrtausende später, zwischen ca. 40.000 und 15.000 v.d.Z. – möglich, über Kontinente verstreut tausende weiblicher Figuren zu schnitzen, die die Gebärfähigkeit der Frauen thematisierten, die wiederum viele Entwicklungen später zu Vorstellungen von Fruchtbarkeitsgöttinnen führten.
Wiederholungen im Text sind absichtlich, um das Neue im Verhalten der neuen Menschen gewissermaßen einzuhämmern.
(Anm.1)
In der bisherigen Geschichtsschreibung spielt diese Unterscheidung zwischen Arbeitsteilung und Tausch praktisch keine Rolle. Tausch kommt gar nicht vor als DAS Element, das soziale Beziehungen begründete. Die Vorgeschichtsforschung interessiert sich auch nicht für die Gründe dafür, dass sich die Tätigkeiten von Männern und Frauen im Lauf der Jahrhunderttausende zu differenzieren und spezialisieren begannen, obwohl alle noch selber für ihre Versorgung verantwortlich waren. Es geistert immer noch der Begriff der sogenannten natürlichen Arbeitsteilung durch die Forschung, an der gar nichts natürlich ist und bis heute das Verständnis der Urgeschichte verstellt und falsche Vorstellungen über das Leben von Frauen und Männern verbreitet. Sich mit speziellen Produkten gegenseitig unterstützen zu können, verlangte zunächst eine ausreichende Versorgung mit diesen Produkten. Die einen gewannen etwas, was die anderen nicht hatten, weil Frauen und Männer im Lauf der Zeit jeweils besondere Fähigkeiten bei der Nahrungssuche entwickelten. Ich habe die zunehmenden Unterschiede im Versorgungsverhalten anhand der Tätigkeiten um das natürlich entstandene Feuer begründet. Der beginnende Tausch setzte eine ungeheure Menge an neuen Fähigkeiten und Erkenntnissen in Gang. Dies alles geschah zum ersten Mal. Es war der Beginn eines vom Sozialen und nicht mehr allein vom Instinkt bestimmten Lebens. Diese Epoche ist vergleichbar mit den Umwälzungen durch die Digitalisierung heute.
Die Jahrhunderttausende nach diesen ersten Versuchen von Tausch durch „Trial and Error“ gehören zu den großen Ereignissen der Menschheitsgeschichte. Erst jetzt wird es möglich, eine Geschichte der Frauen neben der bisher vorherrschenden Geschichte der Männer zu beschreiben. Die Erfindung des Tauschs ist der Ansatzpunkt, die weitere Entwicklung zu verstehen und konkrete Hinweise dafür zu finden, wie durch den Fortschritt gleichzeitig die Weichen gestellt werden, die viel später zu Hierarchien und Unterdrückung führen.
Davon ausgehend, dass jeder Mensch sich seine Nahrung selber suchen musste (bis auf die Mütter, die ihre Säuglinge und Kleinkinder versorgten) bedeutete die Erfindung von Tausch eine erste Einführung von Regeln, die der Verstand diktierte. Zum ersten Mal versuchten Menschen, einem anderen etwas zu geben, um dafür etwas zu bekommen und dies zur Grundlage für das weitere Zusammenleben zu machen.
Wieviel Misstrauen musste überwunden, wieviel Vertrauen aufgebaut werden! Es musste allmählich sogar erkannt werden, dass dieser Tausch nicht unbedingt synchron, sondern zeitlich versetzt sein konnte. Es bedeutete auch die Erkenntnis, dass Frauen und Männer unterschiedliche Körpererfahrungen zum ersten Mal in soziale Verhaltensweisen umsetzten und sie für beide profitabel machen konnten.
(Die vereinzelt beschriebenen Beobachtungen, Essen an andere Gruppenmitglieder abzugeben, die bei verschiedenen Affenarten vor allem in zoologischen Gärten hin und wieder vorkommen, sind einem plötzlichen Überfluss geschuldet und verpflichten zu nichts). Die sicher häufig misslungenen Versuche, Tausch zu praktizieren und daraus durchsetzbare Regeln zu etablieren, brauchten wiederum Jahrhunderttausende, um sich zu automatisieren und das zu bilden, was wir soziale Gemeinschaften nennen können.
Da es noch keine Hierarchien gab (die sogenannte Dominanz der Männchen hatte enge Grenzen und Sex war noch nicht Teil der sozialen Regeln), ist es begreiflich, dass heutigen Forschern immer wieder auffällt, dass isoliert lebende Stammesgesellschaften zumindest in Teilen immer noch ziemlich gleichberechtigt leben. Es gibt meines Wissens nur ein Symbol, das diese Gleichwertigkeit ausdrückt: Yin und Yang. Allerdings wurden den Frauen dennoch die Füße eingeschnürt.
Den Begriff Arbeit kann man überhaupt erst mit dem sich ebenfalls lange hinziehenden Beginn der Viehzucht verwenden.
Arbeit war nicht plötzlich da. Es entwickelte sich erst langsam ein Grund für Vorratswirtschaft.
Das Gleichgewicht zwischen Jägern und Gejagten kam an ein Ende. Die sich sprunghaft entwickelnde Intelligenz bei den Menschen und immer neue entsprechende Werkzeuge machten neue Formen der Versorgung und größere Gemeinschaften möglich und notwendig.
Wie man erkennen kann, zog die Domestizierung von Tieren unbeabsichtigt auch die Domestizierung der Frauen nach sich und beendete die bis dahin vorherrschende Gleichberechtigung zwischen Menschen, – Frauen und Männern – und zwischen Menschen und Tieren.
Diese Epoche wurde zum Ausgangspunkt sowohl großartiger Erfindungen, gesellschaftlicher Differenzierungen, kriegerischer Auseinandersetzungen, Hierarchisierungen und zum Beginn von Unterdrückung. Diese damals in Gang gesetzten Mechanismen beschleunigten sich unaufhaltsam, wurden unumkehrbar und äußerten sich in jedem Land je nach Entwicklungsstand und geographischer Lage verschieden und umfassen einige Jahrtausende des Neolithikums, in denen Gesellschaften schon sehr unterschiedlicher Entwicklungsstufen lebten. Heute kann mit Fug und Recht gesagt werden, dass der Verstand, der uns zu Menschen machte, uns eines (vermutlich nicht fernen) Tages umbringen wird.
Um diesen Prozess zu verstehen, der vor allem für Frauen fundamental neue Bedingungen schuf, werde ich noch ein paar weitere Aspekte als im oben genannten Buch den Anfängen der Viehzucht und Landwirtschaft hinzufügen.
(Was die Letztere betrifft, wird sie normalerweise im Zusammenhang mit der Viehzucht abgehandelt. Ob das allgemein so richtig ist, bleibt noch zu untersuchen.
Im Mai oder Juni 2019 wurde in einer Terra X-Sendung über Göbekli Tepe und Catal Hüyük als große Neuigkeit verkündet, dass man in den gefundenen Gefäßen Rückstände von Bier gefunden habe, was vollkommen neue Lichter auf die Entstehung der Landwirtschaft werfe. Nun hat schon der Forscher Josef H. Reichholf in seinem Buch von 2008 „Warum die Menschen sesshaft wurden“ auf diese Produktion sehr viel früher auch in asiatischen Gebieten hingewiesen.)
Der Beginn der Viehzucht markiert zu einem relativ späten Zeitpunkt in der Menschheitsgeschichte den Beginn von Arbeit und Hierarchisierung. Noch einmal zur Erinnerung:
Mit der Nutzung des natürlich entstandenen Feuers in der Zeit vor ca. 800.000 Jahren etablierten sich allmählich die ersten sozialen Verhältnisse unter den werdenden Menschengruppen.
Wie ich schon ausführlich beschrieben habe, sorgten über Jahrmillionen die werdenden Menschen für sich selber. Es gab keine Arbeit, sondern ein noch tierähnliches Leben, das sich mit der Erfindung des Tauschs vollkommen neu erfand und das Menschsein begründete. Von da an beschleunigte sich die Entwicklung in rasanter Weise, wurde schneller und schneller und schuf bald sehr unterschiedliche sozial agierende Gesellschaften, je nach ihren geographischen Bedingungen.
Aber alle diese in verschiedensten Gebieten lebenden Gemeinschaften hatten vor Beginn des Neolithikums eines gemeinsam:
Sie benutzten ihre Sinne und wunderten sich über die Fähigkeiten der Frauen, Kinder zu gebären, zu menstruieren und dies noch irgendwie mit Himmelserscheinungen zu verknüpfen. Kein Wunder, dass Frauen noch ohne irgendeine Art von Konkurrenzneid wahrgenommen werden konnten. In ganz Europa und Kleinasien und vermutlich noch vielen anderen Gegenden findet man deshalb auch immer wieder Tausende dieser sogenannten Venusfiguren aus der Vorzeit.
Die Groß-Produktion der Statuetten findet zwischen ca. 40.000 und 15.000 Jahren statt und hört mit dem einsetzenden Neolithikum allmählich auf.
Es gibt praktisch kein Volk, das seine Herkunft nicht auf eine Urmutter zurückführt. Aber im Neolithikum beginnen die Umwälzungen auf Produktionsebene, es gibt die ersten Geschlechterkämpfe um Positionen, auch an nun vielen männlichen und phallischen Bildern und Statuetten ablesbar und der erstmals auftretenden und bald zunehmenden Zahl und Bedeutung neuer männlicher Gottheiten, die Funktionen übernehmen, die vorher Frauen zugeschrieben wurden.
Die übliche Geschichtsschreibung geht auf diese Umwälzung im Geschlechterverhältnis nicht in adäquater Weise ein, bzw. nimmt sie meist nicht einmal zur Kenntnis ebenso wenig wie die Tatsache, dass jede neue Entwicklung auch eine Kehrseite hat, die die durch die Erfindungen neu entstandenen Probleme behandelt. Die immer wieder genannte, aber nebelhaft bleibende sogenannte Arbeitsteilung zwischen Männern und Frauen wird einem „natürlichen“ Ursprung zugeordnet, nicht weiter erklärt und zeitlich nicht markiert. Meist läuft es in der Geschichtsschreibung noch immer darauf hinaus, dass von Urzeiten her Männer als Jäger und Frauen als Sammlerinnen bezeichnet werden und recht bald in kleinfamiliären Verbänden lebten, was die sexuelle Partnerschaft schon voraussetzt. Diese Theorie kann nicht aufrechterhalten werden. Es war eben nicht selbstverständlich, dass diejenigen, die sich die „Arbeit“ teilten, auch Sexualpartner waren, bzw. sein mussten. So landet man geradezu automatisch bei heute bekannten Familienbegriffen und begründet damit den Status Quo für Frauen. Wie an anderer Stelle beschrieben, konnte es durchaus sein, dass die Tauschpartner auch Sex miteinander hatten. Daraus leitete sich aber für beide Geschlechter keinerlei Verpflichtung ab. Verpflichtung bestand lediglich in unterschiedlichen Gebräuchen bei der gegenseitigen Versorgung, begründet durch entstandene differenzierte Tätigkeiten. Beide Geschlechter machten entweder das gleiche oder entwickelten je nach dem was die Natur hergab, ihre jeweiligen Spezialitäten. Alle sammelten und jagten, wobei sich allmählich gewisse Prioritäten herausbildeten, die bei Frauen eng mit Schwangerschaft, Geburt, Kleinkindversorgung zu tun hatten und damit, dass sie sich deswegen lieber ortsgebunden verhielten, wenn das möglich war. Männer dagegen lernten mit ihren besser werdenden Jagdgeräten, den Tieren über weitere Strecken zu folgen, was zu zeitweiliger Abwesenheit von der Gruppe führen konnte.
Jedes Geschlecht sammelte und jagte also zunächst – meist Kleingetier, weil die Werkzeuge noch nicht spezialisiert genug waren für größere Beute und die werdenden Menschen auch erst ihr Fell verlieren mussten, um sie zum längeren Jagen zu befähigen. Daraus entwickelten sich bei Frauen allmählich deutlichere Kenntnisse über die Pflanzenwelt und bei Männern über die Tierwelt und, damit verbunden, eben auch die speziellen Produkte.
Lange gab es keinerlei Interesse daran, den Vater eines Kindes zu kennen. Die Frage tauchte gar nicht auf. Vaterschaft an sich war unbekannt. Das war ja der Grund für die Verehrung der Frauen. Nur sie konnten Kinder kriegen.
Ganz allmählich wurden also seit Beginn des Tauschhandels zwischen den Geschlechtern die Bedingungen geschaffen, dass sich jeweils besondere Fertigkeiten bei Frauen und Männern entwickeln und automatisieren konnten, von denen beide Geschlechter profitierten. Es ging soweit, dass nach wieder langen Zeiträumen bestimmte Frauen und Männer einander zugeordnet wurden, um sich gegenseitig mit den von ihnen erworbenen unterschiedlichen Produkten zu versorgen, was teilweise noch bis in die Gegenwart nachgewiesen werden konnte (In meinem Buch „Oh Lucy“ nannte ich den Tausch Fleisch gegen Grütze Ehe). Die Regelung, auch die Sexualität in diese Versorgungsgemeinschaft einzubeziehen kam erst viel später, in der Zeit, als Väter ihnen gehorchende Söhne brauchten, also mit der Viehzucht. Die immer wieder automatisch mitgedachte Überzeugung, dass Frauen immer auch selbstverständlich sexuell zur Verfügung der Männer standen, vernebelt bis heute die Erkenntnis der Zusammenhänge. Historiker gehen darauf normalerweise gar nicht ein, weil die Verfügbarkeit der Frauen von Anfang an mitgedacht und der „natürlichen“ Arbeitsteilung zugeschlagen wird. Das hat gewissermaßen mit blinden Flecken der früher fast ausnahmslos männlichen Forscher zu tun. Sie konnten oder können sich Frauen nur als ihnen gehörende Sexualpartner vorstellen, aber nicht als gleichberechtigte Handelspartner mit eigenen Interessen, die mit gegenseitigen Verpflichtungen aus dem Tausch ihr und der Kinder Leben sicherten.
Regeln mussten allmählich erfunden werden, um das Leben in diesen Gemeinschaften stabil zu machen. Die Menschen verloren mit jeder neuen Entwicklung einen Teil ihrer früheren Autonomie und gaben sie an die Gemeinschaft ab, anderseits genossen sie die neu erworbenen Erleichterungen – wenn sie Glück hatten.
Die neuen sozialen Verhältnisse gewannen Priorität gegenüber dem früheren instinkthaften Verhalten.
Um es noch deutlicher zu sagen:
Vor der Erfindung des Tauschs hatten die werdenden Menschen noch sehr viel mit ihren Vorfahren, den Primaten, gemeinsam. Die Differenzierung der Tätigkeiten der Geschlechter bedeutete die Trennung vom Tierreich und den eigentlichen unumkehrbaren Beginn der Menschheitsgeschichte.
Die folgenden Jahrhunderttausende waren geprägt von der sich gewissermaßen explosionsartig entwickelnden Verstandeskraft, der Fortentwicklung der ersten Regeln, was in ihren Ergebnissen auch die Umgebung beeinflusste und anfing, hier und da auch die Landschaften zu prägen. Wahrscheinlich ergaben sich erste Unterschiede in der Entwicklung der Gruppen, abhängig davon, ob die sie umgebenden Lebensverhältnisse ihre geistigen Entwicklungen förderten oder nicht und sie von der Begegnung mit anderen Gruppen profitieren konnten. Es bildeten sich auf dieser Entwicklungsstufe schon sehr unterschiedlich lebende Menschengruppen heraus. Die ständigen Beobachtungen von Sonne, Mond und Sternen, Vulkanen, Gewittern, Stürmen, Tierverhalten, Pflanzenwachstum, Menstruationserscheinungen usw. brachten im Lauf dieser Jahrhunderttausende die Menschen in ein Verhältnis zu den Himmelserscheinungen und legten die Anfänge der Verehrung von Naturereignissen und sich daraus ableitende Sitten.
Die traumhaft erinnerten Zeiten an diese Anfänge der Menschheit haben vermutlich mit den weltweit anzutreffenden Paradiesvorstelllungen zu tun. Eine ferne Zeit, in der die werdenden Menschen gleichberechtigt lebten, von Tieren ebenso Gejagte wie Jagende, ihren Verstand und Fertigkeiten entwickelnde Wesen, ohne Vorstellung von Hierarchien oder strafenden Göttern. Eine gottlose Zeit, geprägt von Naturverehrung.
Wir wissen nicht, wie lange es gedauert hat, bevor ein wilder Auerochse zu einem Wesen wurde, das sich vor einen Pflug spannen ließ. Die Angaben über die einzelnen Domestizierungen bezeichnen den Zeitpunkt, als das Ergebnis vorlag, nicht den Anfang hin auf Domestizierung.
Die Domestizierung des Wolfs zum Hund z.B. wurde in letzter Zeit von früher angenommenen ca. 20.000 Jahren von einigen Forschern inzwischen vorverlegt auf ca. 40.000 Jahre und manche vermuten sogar, dass dies schon vor 100.000 Jahren geschah.
Vermutlich war eine solche Domestizierung zunächst nicht absichtsvoll. Es ist zu vermuten, dass ein kleiner verwaister ungefährlicher Wolfswelpe bei Menschen aufwuchs und so ins Menschenrudel gehörte. Das muss immer wieder passiert sein, so dass sich daraus Beziehungen zwischen Menschen und Wolf/ Hund etablieren konnten. Möglicherweise konnten diese an Menschen gewöhnten Tiere auch schon Funktionen bei der Jagd übernehmen. Aber, wie Josef Reichholf in seinem Buch „Warum die Menschen sesshaft wurden“ schreibt, ist der Zusammenhang von Jagd und Nutzung des Wolfs durchaus nicht schlüssig. (Beziehungen zwischen weit gefährlicheren Tieren wie z.B. Frau und Löwe wie spätere Skulpturen relativ häufig zeigen, sind vielleicht schon Zeugnisse der Angeberei, bzw. Zeichen der neuen Auseinandersetzungen zwischen Frauen und Männern).
Aber diese Zeit zwischen 100.000 und 20.000 Jahren, wie sie für den Hund im Umlauf ist, geben einen Eindruck davon, wie lange so eine Domestizierung eines einzelnen Tieres dauern könnte, bevor es in die Verhältnisse integriert ist. Irgendwann vor ca. hunderttausend Jahren war für alle damals lebenden und überlebenden verschiedenen Menschenarten der Zeitpunkt gekommen, als das vorher sich in der Balance befindende Leben zwischen Tieren und Menschen sich verschob und die Entwicklung der Produktivkräfte es ermöglichte, dass im Kampf um Nahrung die Menschen mehr und mehr zu Siegern wurden. Von den Neandertalern wird vermutet, dass sie schon zur Dezimierung des Großwildes beigetragen haben. Sie konnten es. Was neu erfunden wird, wird angewandt. Schon damals hat der Fortschritt (der Waffen) die Kehrseite (die Ausrottung des Großwilds) nicht vorhergesehen oder gar geplant.
Irgendwann wird man begriffen haben, dass es einfacher ist, ein paar Schafe oder Ziegen einzuzäunen, als ihnen hinterher zu laufen. Möglich ist auch, dass Frauen sich dagegen wehrten, schwangere Tiere zu töten oder töten zu lassen und sie deshalb einzäunten. Möglicherweise aber war es auch gar nicht einfach, die paar Schafe oder Ziegen zu finden, um sie einzäunen und züchten zu können. Vielleicht lebten diese Tiere lange im Hochgebirge oder in anderen unzugänglichen Gebieten. Sonst wären sie vermutlich – weil harmloser – noch vor dem Auerochsen domestiziert worden. Der wird aber gewöhnlich als erster genannt, wenn es um die Domestizierung von Tieren geht, die zur Arbeit oder als Nahrung vorgesehen sind. Die in der Forschung dafür angesetzten Zeiten schwanken zwischen 11.000 und 9.000 Jahren. Noch in Afrika waren die Menschen hauptsächlich umgeben von Tieren, die sich bis heute nicht domestizieren lassen. Offenbar geschah dies erst, als homo sapiens Afrika verließ und Kleinasien erreichte, was mit einer Zeit vor ca. 100.000 Jahren angegeben wird. (Allerdings weisen neueste Untersuchungen darauf hin, dass dies auch schon 100.000 Jahre früher geschehen sein könnte. Berliner Zeitung 11.7.2019)
Im „fruchtbaren Halbmond“ müssen die Menschen aus Afrika auf paradiesische Landschaften gestoßen sein, die nicht nur eine vielfältige Tierwelt, sondern auch eine fruchtbare Pflanzenwelt hervorbrachten und es offenbar erleichterten, längere Zeit dort zu verweilen. Ein Schlaraffenland wurde besiedelt. Wahrscheinlich haben die Ankömmlinge aufgrund des Überflusses dort die vorherigen Strapazen vergessen und zur neuen, wenigstens zeitweiligen Sesshaftigkeit beigetragen, die wiederum die Entfaltung der Kultur begründete. Dies führte sicher dazu, dass neu Hinzugekommene sich auch dort niederließen. Die ankommenden Gruppen waren überschaubar und sich anfangs kaum im Wege und der Vorrat reichte vermutlich eine lange Zeit bevor die Probleme begannen.
Viehzucht und Landwirtschaft und die ersten Städte haben im „fruchtbaren Halbmond“ ihren Ursprung. Grundlos baut man nichts an oder jagt wilden Tieren hinterher. (Wie ich schon im „Beginn der Geschlechterhierarchie“ beschrieben habe, war der Grund für Fortschritt immer ein Problem, das gelöst werden musste, wie die Erfindung von Tragegestellen für Kinder durch die felllos gewordenen Frauen). Es ist anzunehmen, dass der Überfluss durch die sich vermehrenden Einheimischen wie durch Zuwanderer allmählich ausblieb und möglicher Mangel am Horizont auftauchte und Anstrengungen unternommen werden mussten, um dem abzuhelfen.
Lange teilten sich vermutlich Tiere und Menschen die Gebiete, aber je mehr Gruppen hinzukamen, desto mehr Zusammenstöße sind vorstellbar. Vermutlich werden sich die freien Tiere in unzugänglichere Gebiete zurückgezogen haben. Die Menschen lernten, sie lebendig zu fangen.
Domestizierung hieß, Zäune bauen zu können, die andere Wildtiere abhielt und die Eingezäunten vor Ausbruch sicherte. Aber je mehr Tierherden es gab, desto eher sind auch Konflikte zwischen Gruppen denkbar, sei es durch Dürre, Kampf um Wasser oder durch Seuchen. Je mehr sich die Nahrung auf verfügbares Fleisch umgestellt hatte, desto abhängiger wurden die Menschen davon und desto katastrophaler wurde ein plötzlicher Mangel, weil es keinen oder nur spärlichen Ersatz gab. Konnte man viele Jahrtausende davon ausgehen, dass es wenig Grund für feindliche Auseinandersetzungen gab, weil die Gruppen klein waren und sich vermutlich auch nicht dauernd begegneten und Kämpfe eher persönlicher Natur zwischen Individuen waren, boten die veränderten Lebensverhältnisse jetzt Anlass zu tödlichen Auseinandersetzungen aus gewichtigen Gründen für die ganze Gemeinschaft. Ich bin nicht der Meinung des Evolutionsbiologen E.O.Wilson, der den Krieg praktisch schon in den Genen der werdenden Menschen angelegt sieht. (Anm.2)
Die Jahrhunderttausende vor dem Neolithikum hatten dazu beigetragen, dass Männer zuständig für größere Tiere wurden.
Sie waren nun ebenfalls hauptsächlich zuständig für die Herden und bekamen dadurch ein größeres soziales Gewicht. Um die Herden zusammen zu halten, wurden Hierarchien unter Männern gebildet. Es entstanden Unterschiede zwischen denen, die etwas zu sagen hatten und denen, die gehorchen mussten. Kurz, Arbeit und unterschiedliche Zuständigkeiten werden erfunden.
Irgendwann wird man auch festgestellt haben, dass sich die Tiere vermehrten, wenn ein Bock in der Nähe war und dies nicht taten, wenn er fehlte. Das blieb nicht ohne Folgen für das Ansehen der Frauen. Oder anders, die Männer sahen sich aufgewertet. Jahrtausende lang waren Fruchtbarkeitskulte, Skulpturen, Vulvabilder in Höhlen mit Frauen verbunden. Das änderte sich allmählich und Phalli wurden darstellenswert. In der beschriebenen Zeit, in den Jahrtausenden des Neolithikums, wurden nicht nur Naturerscheinungen als Göttergestalten symbolisch dargestellt, sondern weltweit waren es zunächst Göttinnen, die verehrt wurden, weil sie Leben schufen. Im Lauf der letzten ca.10.000 Jahre wurden sie allmählich durch männliche Götter ergänzt und schließlich von dem EINEN männlichen Gott abgelöst. Das ging nicht ohne Kämpfe ab und hierließ Spuren bis in historische Zeiten. Die Unterfamilien der Muttergöttin zeugen davon und der allmähliche Aufstieg der männlichen Götter, die Funktionen der ehemals weiblichen Gottheiten übernahmen. (Allerdings konnte bis heute auch Maria nicht verdrängt werden, obwohl sie in der Theologie keine Rolle spielt). Selbst die Geschichten über Amazonenheere oder als Gegenentwurf, der Frauenraub, zeugen noch von diesen tatsächlichen irdischen Auseinandersetzungen um Vorherrschaft, die sich einige Jahrtausende hinzogen und in den jeweiligen Gebieten spezifische Formen annahmen.
Es gibt verschiedene Thesen, die belegen wollen, dass die Zeiten des Matriarchats friedliche Zeiten waren, was meist damit begründet wird, dass Frauen als Mütter friedfertiger sind. Teilweise ist das sicher richtig, weil Frauen immer versuchen werden, ihre Kinder zu schützen und sich eher auf Kompromisse einlassen. Aber diese Friedfertigkeit hat ihre Ursachen nicht im Charakter der Frauen, sondern in der Lebensweise vor dem Neolithikum, in der dünnen Besiedlung und der praktisch unbekannten Konkurrenz. Es gab kaum Begegnungen mit anderen Gruppen und die erweckten wahrscheinlich eher Neugier als Abwehr und dadurch entstehende Konflikte. Erst die Viehzucht mit den daraus entstehenden Problemen und der wachsenden Bevölkerungszahl machte den Krieg bis heute zu einem Mittel, um die jeweils eigene Gruppe zu schützen. Daraus erwuchsen langfristig vielfältigste neue Strategien, die sich durch die neuen Produktionsverhältnisse ergeben hatten. Aber gleichzeitig verschwanden nicht die Strukturen, die über Jahrtausende herausgebildet worden waren und den hervorragenden Status der Frauen begründeten. Daher begleiteten über lange Zeit Mischformen von Frauenverehrung und Frauenverachtung die verschiedenen, den neuen Standard prägende Gesellschaften. Das Patriarchat brauchte einige Jahrtausende, um sich durchzusetzen. So gab es in der vordynastischen ägyptischen Zeit – eine Zeit, in der es schon komplizierte gesellschaftliche Strukturen gab – Königinnen und nicht Könige und – nach Doris Wolf : 5000 Jahre Patriarchat sind genug, 2019) – mussten spätere männliche Pharaonen durch ihre Schwestern legitimiert werden. Es gab auch noch in historischen Zeiten in Ägypten Heiratsverträge und Verwaltungsakte, die die Rechte der Frauen sicherstellten oder begünstigten –Regelungen, die auch heute noch nicht wieder erreicht sind.
Es ist wahrscheinlich, dass auch lange nach Ausprägung der unterschiedlichen Tätigkeiten von Männern und Frauen immer noch beide Geschlechter alles konnten und zur Not auch noch autonom überleben konnten. Die Fixierung von Frauen auf bestimmte Tätigkeiten und deren allmähliche rigorose Durchsetzung trug sicher zu den anarchischen Verhältnissen bei, die die vielen Entwicklungsschübe gerade in Kleinasien mit sich brachten.
Es gab gleichzeitig noch alles nebeneinander: verehrte Frauen und Männer, unterdrückte und versklavte Frauen und Männer, neue Hierarchien und alte Gleichberechtigung in ständiger Wandlung und Festlegung über mehrere Jahrtausende.
Die allmähliche Festlegung, dass Frauen nur für neu definierte Frauenarbeiten zuständig waren, wie z.B. in Athen, hielt sich dann weitgehend bis heute und führte z.B. in den siebziger Jahren des letzten Jh. in Köln zu einer Frauendemonstration, die dafür eintrat, dass eine bei der Lufthansa ausgebildete Pilotin auch dort angestellt wurde.
Jedenfalls muss man sich diese wahrscheinlich bescheidenen Anfänge der Viehzucht und was alles dazugehörte, als ein ständiges Learning by Doing bei zunehmend sich verfestigenden Strukturen der einzelnen Gemeinschaften vorstellen. Sie dürften jeweils ein paar hundert oder wenige tausend Menschen umfasst haben, die notgedrungen immer wieder in vielfältige Konflikte verwickelt waren. Das zeigt sich besonders in Kleinasien, wo die unterschiedlichsten Völkerschaften hin und herzogen und immer wieder Gebiete von anderen beanspruchten – bis heute.
Die Erfindungen und der Fortschritt machten die Tiere allmählich zu den ersten Untertanen der Menschen. Es dauerte sicher lange, bevor sich daraus auch ein Überlegenheitsgefühl bei den Haltern entwickelte, aber es war gewissermaßen unausweichlich. Noch zu biblischen Zeiten – ca. eineinhalb Jahrtausende v.d.Z. – war das ein nicht selbstverständliches Gefühl. Der schon männlich definierte EINE Gott musste darauf hinweisen mit dem vorher undenkbaren Gedanken: „Macht Euch die Erde untertan“.
Als dieser Gedanke Fuß fasste, war aber schon mehr geschehen. Aus der Bibel geht hervor, dass zu der Zeit, als sie verfasst wurde, Frauen ebenfalls schon domestiziert waren. Man denke hier nur an die Geschichten von Sarah, die ihre Magd zu Abraham schickte, damit sie einen Sohn gebäre.
Das alles wiederholt sich mit Rebecca und Rahel, die jeweils für ihre Männer ausgewählt werden und ebenfalls Mägde oder Nebenfrauen zu den Männern schicken, wenn sie selbst keine Söhne gebären können. (Der Lebenszweck der Frauen besteht im Alten Testament schon darin, Söhne zu gebären).
Noch erstaunlicher ist die Geschichte, die Jesaija – Lebenszeit um 700 v.d.Zt. über den Abfall vom (jüdischen) Glauben eines Israel genannten Volkes berichtet. Wenn dieser Bericht auch schon Teil der Geschichte und nicht nur der Vorgeschichte ist, wird deutlich, wie viele Stämme und Kämpfe um das Land seit Urzeiten in Kleinasien toben.
(Anm.3 Mit Genehmigung des Autors Dr. Salomon Klacko über seine Arbeit zu Jesaia habe ich einen Auszug zitiert, in dem es darum geht, wie ein Stamm namens Israel jede heiratsfähige Frau zur Tempelprostitution verpflichtet).
Wie konnte es dazu kommen?
Wann war der Zeitpunkt, als die selbstbestimmten gleichberechtigen Lebensverhältnisse umkippten und sich die für die nächsten Jahrtausende vorherrschenden Hierarchien und Herrschaftsverhältnisse zu bilden begannen? Heute sind manche dieser Verhältnisse in der Auflösung begriffen, allerdings zu einem Zeitpunkt, der die Erde schon unumkehrbar zerstört hat – eine praktisch konsequente Folge dieses ersten Gaus der Geschichte, der mit dem Beginn der Domestizierung von Tieren und Frauen anfing und gleichzeitig die ungeheuren neuen Errungenschaften ermöglichte.
Was also machten die Frauen?
Wie veränderte sich ihr Leben parallel zu den Anfängen der Viehzucht?
Wie schon beschrieben, lag die Kompetenz über das Vieh bei den Männern. Die kleinen Hühner und Gänse wurden sehr viel später domestiziert und kamen in den Bereich der Frauen. Die Notwendigkeit, die Herde sicher zusammen zu halten, erforderte differenzierte Arbeitsweisen und brachte starke Männer hervor, die ersten Herren, denen andere zuarbeiteten. Vermutlich waren es zunächst die Söhne. Sie werden ihren Vätern gegenüber in der Bibel als gehorsamspflichtig dargestellt. Insofern ist das Alte Testament DAS Dokument, das schon nach dem Sieg des Patriarchats entstanden ist. Die Wichtigkeit, eigene Söhne zu haben, definiert ab jetzt auch die Stellung der Frauen und bindet ihre Sexualität an einen bestimmten Mann.
Die Frage, wer der Vater der Kinder ist, war über Millionen Jahre kein Anlass für die werdenden Menschenfrauen, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Die Kinder gehörten zu ihnen und nicht den potentiellen Vätern, über deren Rolle bei der Zeugung ja keinerlei Kenntnis herrschte. Darum ist auch die früher weltweit verbreitete Sitte verständlich, dass die Brüder der Mutter die männlichen Bezugspersonen für die Kinder waren.
Frauen hatten trotz aller Umbrüche lange noch ihre autonomen Bereiche und speziellen Kenntnisse. Aber ihre Stellung änderte sich durch die Erfordernisse der Viehzucht einerseits und die damit einsetzenden Unterschiede und Wertigkeiten bei den Männern. Eine große Rolle dürfte auch das zunehmende Wissen über den Anteil der Männer bei der Zeugung gespielt haben, so dass nun auch die Sexualität in die sozialen Regeln einbezogen wurde. (Wie von mir schon beschrieben, waren diese neuen Regeln durchaus differenziert wie z.B. noch bei den Spartanerinnen, die gute Ehefrauen zu sein hatten – d.h. bestimmte Aufgaben zu erledigen hatten – aber durchaus noch ein vielfältiges Liebesleben nebenbei haben konnten. Anm.4).
Die Männer brauchten für ihre neuen Arbeiten, die auf Kontinuität hin angelegt waren und von der alle profitierten, Söhne, die gehorchten und Frauen, die sie gebären konnten.
Das wird bei einzelnen Gruppen und später Völkern zu unterschiedlichen Verhaltensweisen geführt haben und bleibt ein Forschungsgebiet für die Zukunft. Ich kann hier nur die Tendenz beschreiben, in der sich die Entwicklung von ihren Anfängen her bewegte. Jedenfalls war es früher oder später um die Autonomie der Frauen geschehen. Dazu trug auch bei, dass ihr Status sich mit veränderte, wenn sie den neuen untergeordneten Männern zugeordnet waren und – sollten sie bei den Kämpfen um Wasser, Weide usw. unterlegen sein, entweder getötet oder versklavt werden konnten. Das waren alles Verhaltensweisen, die mit der Viehzucht aufkamen und damit verbundene Probleme lösen sollten.
Die Kompetenz der Frauen zeigte sich in der beginnenden Landwirtschaft. Ich vermute, dass sie erst bewusst in Angriff genommen wurde, als absehbar war, dass die Viehzucht keine Garantie für das Überleben war.
Aber von einem neu gepflanzten Baum Früchte zu erwarten, setzte eine langfristige Planung voraus. Vom Getreide konnte man sich lange nicht ernähren, die Körner waren klein und mühselig zu pflücken und noch lange keine Nahrungsgrundlage. Darum ist es leicht vorstellbar, dass ihr erster Nutzen darin bestand, aus vergorenen Körnern das berauschende Bier zu erfinden, was inzwischen als nachgewiesen gelten kann. Landwirtschaft war Knochenarbeit. Als der Pflug erfunden wurde, den der gezähmte Auerochse zog, war diese mit dem Tier verbundene Feldarbeit Männerarbeit. Frauen dürften vermutlich mehrheitlich an der Züchtung ertragreicherer Getreidearten gearbeitet haben.
Es ist auch vorstellbar, dass der Feldanbau von gezielten Überfällen verschont blieb. Sie ergaben keinen unmittelbaren Nutzen, wie bei Tierdiebstählen, obwohl es sicher vorkam, dass auch die Felder zerstört wurden. Jedenfalls begann unter diesen neuen Verhältnissen tatsächlich richtige ARBEIT und eine Arbeitsteilung, die mehr oder weniger bestimmt war durch die Männerarbeit und die Erfordernisse der Tiere. Frauen verarbeiteten sowohl die Produkte der Viehzucht weiter und sie waren zuständig für Pflanzenzüchtung und Verwertung. Sie merkten vermutlich auch lange nicht, dass die „Kommandogewalt“ mehr und mehr in Männerhände geriet, weil die Jahrtausende währende Hochachtung Frauen gegenüber nicht über Nacht verschwand.
Es ist erstaunlich, dass in dieser Gegend, dem fruchtbaren Halbmond, nicht nur fast gleichzeitig die Viehzucht und die Landwirtschaft entstanden, sondern auch die ersten ständig bewohnten Dörfer, die sich zu ersten Städten entwickelten und in kürzester Zeit die ersten Mythen, die die Schrift, Gottesvorstellungen, die kompliziertesten Architekturen und Tempelanlagen hervorbrachten. Immer mehr dieser frühen Wohnorte werden ausgegraben und geben immer mehr über die schon entwickelten Strukturen in der sogenannten Vorzeit preis.
Die ältesten Städtegründungen verweisen auf ein Alter von ca. 10.000 – 11.000 Jahren. Das heißt aber, dass es ein paar tausend Jahre früher auch schon Dörfer gab und Versuche, den neuen Herausforderungen mit Erfindungen zu begegnen. Einige dieser archäologischen Plätze, die relativ dicht beieinander lagen, sollen hier genannt werden:
Alaca Höyük
Besiedelt ab 6 Jt.v.d.Z.
Hacılar Höyük
Die ältesten Schichten datieren in das achte vorchristliche Jahrtausend.
Çayönü
An diesem Siedlungsplatz lässt sich die Entwicklung von den ersten Rundbauten einer frühen Ackerbaugemeinschaft aus dem 10. Jahrtausend v. Chr. zu einer großen Siedlung mit differenzierter Bebauung im 9. und 8. bis zum Anfang des 7. Jahrtausends nachvollziehen.
Çatal Hüyük, ca. 9.500 v.d.Z.
Vor 8.000 Jahren hatte Çatal Hüyük 6.000 bis 8.000 Einwohner und war die größte aus dieser Zeit bekannte Siedlung. Aus bislang unbekannten Gründen wurde sie vor 7.700 Jahren aufgegeben.
Göbekli Tepe, Derzeit werden zwei Nutzungsphasen unterschieden, von denen die erste bis in das 10. Jt. V.d. Zt. zurückreicht und bisher schon ungeheure Architekturen freigelegt hat.
Jericho
Bereits im 8. Jahrtausend v. Chr. begannen Jerichos steinzeitliche Bewohner damit, ihre Siedlung stadtähnlich auszustatten. Um die für ihre neu errichte Dauersiedlung lebenswichtige Quelle zu schützen, errichteten sie eine steinzeitliche Befestigung. Das beeindruckendste Relikt des ältesten neolithischen Jericho ist ein 13 m hoher fester Steinturm mit einem kreisförmigen Querschnitt von 10 m Durchmesser. Der Turm wurde aus mächtigen kaum bearbeiteten Felssteinen ohne Mörtel errichtet und diente als Wachturm und zur Verteidigung. Zusätzlich erhielt die Siedlung eine 3 m mächtige Steinmauer und einen vorgelagerten Verteidigungsgraben. Die steinzeitlichen Fortifikationen lassen erkennen, dass der für die Geschichte des gesamten Vorderen Orient prägende Konflikt zwischen sesshaften Vertretern von Hochkultur auf der einen und nomadisierenden Gruppen schon in frühester Zeit aufgebrochen ist und zu starken Spannungen und Konfrontationen führte.
Die frühe „Stadt“ Jericho hatte bis zu 3000 sesshafte Bewohner. (Wikipedia)
Die sumerischen Städte Eridu, Ur und Uruk gehen teilweise ebenfalls auf ein Alter von 6.000 Jahren zurück. Diese sumerischen Städte sind verbunden mit folgenden Erfindungen:
Die des Rades, der Kanalisation, künstlicher Bewässerung, geographischer Karten, von Segelschiffen, von Geld, mit Kenntnissen über das Sonnensystem und die Planeten. Wir kennen sogar schon einen Namen für ihre Hauptgöttin: Nammu.
Im Unterschied zu den noch langsam fortschreitenden Entwicklungen seit Beginn des Tauschs, sind all diese Neuerungen in wenigen Jahrtausenden entstanden. Die Entwicklung beschleunigte sich unaufhörlich – bis heute.
Interessant bei Jericho ist die Erwähnung der Befestigungsanlagen. Sie sind der praktische Beweis für die kriegerischen Auseinandersetzungen vor 10.000 Jahren. Und die Domestizierung der Tiere fällt zeitlich mehr oder weniger mit den Städtegründungen zusammen, was auf ein ausgeklügeltes Handelssystem verweist.
Auf welche Weise es möglich war, sowohl in Städten zusammen zu leben, Viehzucht und Landwirtschaft zu betreiben und großartige Tempelanlagen zu schaffen mit immer noch ziemlich einfachen Werkzeugen, verlangt zumindest eine strenge Arbeitsteilung und ein gesellschaftliches Ordnungssystem. D.h., es war die Zeit, in der das begann, was wir als Arbeit bezeichnen. Die neuen Erfindungen Landwirtschaft und Viehzucht verlangten differenzierte Tätigkeiten. In meinem Buch habe ich ausführlich beschrieben, warum plötzlich die Männertätigkeiten durch die entwickelten Jagdwerkzeuge für das Überleben der noch nomadisierenden Gruppen wichtiger wurden als noch zu Zeiten des ersten Tauschs. Sie waren nun meist in der Lage, relativ kontinuierlich für Proteine zu sorgen, während die Frauen, die aus den ebenfalls im Buch näher beschriebenen Gründen mehr Kenntnisse in der Pflanzenkunde erworben hatten, damit noch nicht richtig punkten konnten. Um aus den noch klitzkleinen Hirse-Emmer-Gerstenkörnern so etwas wie eine ausreichende Mahlzeit gewinnen zu können, oder Bäume zu pflanzen, die eines Tages Obst liefern konnten, brauchte es Jahrzehnte.
Aber alle Tätigkeiten brauchten inzwischen spezielle Fähigkeiten und allmählich auch planende Fachleute. Vieles wird sich auch vermischt haben, bevor bestimmte Tätigkeiten geschlechtsbezogene Zuständigkeiten erhielten, die sich verfestigten. Es vergingen also viele Jahrtausende bei stetiger Entwicklung, Vergrößerung und Gliederung der Gemeinschaften, in denen Frauen noch eine dominierende Rolle spielten, die aber gleichzeitig durch die neuen Produktionsmittel und die differenzierter werdenden Tätigkeiten unterminiert wurden. Ich nehme an, dass die Landwirtschaft zunächst auch Mangelwirtschaft war. Wilde Tiere zogen sich zurück, vielleicht gab es zu viele Herden oder die Tiere erkrankten an Seuchen oder es gab Wassermangel und alles zusammen bedingte kriegerische Auseinandersetzungen. Die Arbeit auf den Äckern war schwer und wahrscheinlich zunächst nicht besonders ertragreich. Außerdem wurden durch die Herdenwanderungen auch die engen verwandtschaftlichen Beziehungen der Frauen gestört und – da bei der Viehzucht die Männer das Sagen hatten, machten die Frauen allmählich eher die minder anerkannten Arbeiten und mussten den Notwendigkeiten, d.h. einem Chef, gehorchen.
Kriege entstanden, um Probleme zu lösen, die sich angestaut hatten, was praktisch erst mit dem Neolithikum einsetzen konnte. Immer wieder zeigt sich, dass jede begrüßte neue Erfindung neue Probleme schuf. Deswegen konnten sich in den vielen relativ isolierten Gruppen auch sehr viele verschiedene Lösungen entwickeln und machten die Gesellschaften unterscheidbar – was es alles nicht gegeben hatte, als die Menschen noch nomadisierend in den Tag hineinlebten. Die neuen Errungenschaften machten es nötig, die größer werdenden Gruppen immer mehr zu strukturieren, mit diversen Rechten auszustatten und Formen zu finden, die für alle das Leben in größeren Gemeinschaften möglich machten, dabei aber ein Oben und Unten und die ersten Sklaven schuf. Dies alles geschah noch in der sogenannten Vorgeschichte.
Allgemein wird bei der Evolutionsgeschichte nur über den Fortschritt gesprochen und nicht über die oft gleichzeitig damit einhergehenden Verheerungen, so dass unsere Philosophen vollkommen unbelastet von der wirklichen Entwicklung heute noch die Griechen mit dem Beginn der Zivilisation gleichsetzen können, obwohl schon damals die Tiere und die Frauen domestiziert waren und die Gesellschaften allgemein schon sehr unterschiedlich strukturiert waren bzw. sich die alten gleichberechtigen und einfacheren Zustände in der Auflösung befanden. Es hatte das schon eingesetzt, was Marx so formulierte: Die Geschichte ist eine Geschichte der Klassenkämpfe. Allerdings hatte er dabei das Wichtigste vergessen: die Frauen, bzw. einen grundlegenden Fehler bei seiner Definition der natürlichen Arbeitsteilung gemacht.
Diese Epoche zwischen ca. 40.000 -10.000 Jahren vor der Zeit kann auch als der erste Gau der Geschichte betrachtet werden.
Vor dem Hintergrund der Bedeutung des ersten schon beschriebenen Tauschs in der Menschheitsgeschichte, in der das Geschlechterverhältnis auf eine neue, hauptsächlich von Frauen ausgehende und vom Verstand geleitete Grundlage gestellt wurde (was in der Zeit zwischen 800.000 und 400.000 Jahren v.d.Z. geschah), haben sich die Verhältnisse zum ersten Mal als unumkehrbar gezeigt. Und jede Weiterentwicklung bis heute hat zuerst lokal, dann regional und heute global die Verhältnisse verwickelter gemacht. Immer mehr Menschen leben heute in Armut und Rechtlosigkeit und trotz Frauenbewegung mit all ihren tatsächlichen Verbesserungen zumindest in der westlichen Welt, sind mehr Frauen als je zuvor patriarchalen Gesetzen unterworfen und/oder werden körperlich verstümmelt.
Auf der anderen Seite haben aber vom Augenblick an, als der Fortschritt seine verschiedenen unguten Gesichter zu zeigen begann, immer auch Menschen versucht, diese feindlichen Entwicklungen aufzuhalten und Gegenstrategien zu entwickeln, die wiederum neue Probleme schufen. Historisch verbürgt sind die Sklavenaufstände im römischen Reich.
Möglicherweise haben sich die vielfach genannten Amazonenheere auch nur bilden können, weil ihre Männer auf Kriegszügen alle getötet oder versklavt wurden und die daheimgebliebenen Frauen eigene Überlebensstrategien entwickelten, die ebenfalls Gewalt beinhalteten, sollte es stimmen, dass männliche Kinder getötet wurden, ebenso wie die zur Fortpflanzung benötigten gelegentlichen Beischläfer. So kann man sagen, dass vom Augenblick der Unterdrückung an es auch immer Versuche gab, diese aufzuheben, was immer wieder teilweise hier und da gelang, sich aber nur allzu oft ins Gegenteil verkehrte und wieder neue Maßnahmen nötig machten, deren Kehrseiten sich wiederum auch erst später zeigten.
Inzwischen ist die Menschheit an einem Punkt angekommen, der viele daran zweifeln lässt, dass die Gegenwehr wegen Klimawandel, Artensterben usw. noch eine Chance hat.
Aber diese Gegenwehr entsteht auch immer wieder neu.
Wie ich schon früher beschrieb: Der Verstand, der uns zu Menschen machte, kann uns letztlich auch fertig machen und das Feld wieder frei für Ameisen, Bienen und andere Insekten.
©Helke Sander, Nachdruck nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Autorin. August 2019
Anmerkungen:
Anm.1) Vor schon 40.000 Jahren sind die ersten weiblichen Figuren und bald darauf die ersten Musikinstrumente in weit auseinanderliegenden Gebieten hergestellt worden.
Interessant, aber noch nicht weiter erforscht ist, dass diese kleinen Skulpturen meist aus hellen Knochen oder Stein hergestellt sind, was die Frage aufwirft, ob die vermutlich vor 40.000 Jahren eingewanderten schwarzen Homo sapientes diese mehr oder weniger weißen Figuren hergestellt haben oder noch die eher weißen Neandertaler. Dasselbe gilt für die ältesten bemalten Höhlen vor ca. 37.000 Jahren.
(Eine neue Studie des Kölner Sonderforschungsbereichs „Our Way to Europa“, die jetzt im Fachjournal „Plos One“ erschienen ist, kommt zu dem Schluss, dass zwischen 40.000 und 31.000 v. Chr. im Durchschnitt nur etwa 1500 Menschen (Homo sapiens. H.S) in West- und Mitteleuropa lebten).
Immer mehr Skulpturen, neu mit tierischen und männlichen Motiven finden sich ab einem Alter von vor 20.000 Jahren.
Zu der Zeit gab es auch in Mitteleuropa schon Sprachen und Begräbnisrituale, ausgefeilte Werkzeuge und sogenannte familiäre Strukturen, die die gegenseitige Versorgung schon regelhaft gestaltet hatten und evtl. auch schon die Sexualität in diese Regeln einbezogen in unendlich vielen unterschiedlichen Varianten.
Es entstand allmählich das, was tatsächlich Arbeitsteilung genannt werden kann. Es entstand Arbeit, die unterschiedliche Notwendigkeiten erfüllen musste und die Gesellschaften differenzierte.
Zurück zum fruchtbaren Halbmond, wo die menschliche Entwicklung am fortgeschrittensten war:
Diese Gegend gilt als Ursprung für die Viehzucht, die Landwirtschaft, den Städtebau, die Arbeitsteilung, die verschiedenen hierarchisch gegliederten Götterwelten, die Ursprungsmythen, die Schrift und die Anfänge von Gesellschaftsklassen und das heißt vor allem, den Anfang der zunehmenden Rechtlosigkeit von Frauen.
Wie schon erwähnt, müssen die Anfänge der Viehzucht sehr viel früher begonnen haben als um 10.000 v.d.Z., als die ersten Ergebnisse vorlangen. Ebenso ist es bei der Landwirtschaft. Die ersten Funde schon systematisch angelegter Landwirtschaft gibt es vor 23.000 Jahren aus OHALU II, einer Fundstelle im heutigen Israel, die zwischen 18.500 und 20.5000 Jahre v.d.Z. besiedelt worden sein soll. „Die Siedlung, die ganzjährig bewohnt wurde, bestand aus einer Reihe von sechs ovalen Hütten aus jeweils drei dünnen Ästen, die sich als dunkle Verfärbungen abzeichneten. Der Boden der 3 bis 5 m großen Hütten war mit Gras bedeckt.[1] Im Außenbereich lagen Feuerstellen, wo Feuersteinbearbeitung stattfand. Außerdem fand sich ein Grab sowie eine Art Müllhalde. Da die Hütten am Ende durch Feuer zerstört wurden, möglicherweise um Parasiten zu beseitigen, sind die Artefakte und Überreste ungewöhnlich gut erhalten.
Die pflanzlichen Reste zeigen das weite Spektrum von Pflanzen, die gesammelt wurden, unter anderem Wildgetreide, Eicheln und Nüsse. Ähnliches gilt für die archäozoologisch verwertbaren Überreste, von denen Hunderte bestimmt werden konnten.
1991 fand man das Grab eines Mannes, der offenbar schwer krank war und einen Arm nicht bewegen konnte. Da er lange im Dorf lebte, muss zu dieser Zeit ein erheblicher Versorgungsaufwand getrieben worden sein, da er dies offensichtlich nicht selbst bewerkstelligen konnte.“ (Wikipedia).
Anm.2:
E.O. Wilson: Die soziale Eroberung der Erde. Eine biologische Geschichte des Menschen. München 2014
(Das Wort „FRAU“ kommt in dem Buch nur einmal vor. H.S.)
Anm.3
Salomon Klaczko: Kommentar zu Jeremias ִי ְר ְמ ָיה Kapitel § 23 und zu seiner Kritik an dem damaligen Dissidentenstaat Israel — Seite von 1 von 7, Version 20.05.2019
„Eine evangelische Pfarrerin aus Berlin ließ bei mir anfragen, ob ich einige Bemerkungen zu den Anklagen des Propheten Jeremias in §23 gegen Israel kommentieren könne. Dieser Text von Jeremias ist für den unkundigen, zumal christlichen deutschen Leser der Gegenwart, komplett verwirrend. Das liegt an dem gegenwärtigen Gebrauch des Wortes Israel (a) als Gemeinschaft aller Jüdisch-Gläubigen einerseits und (b) als Namen eines Staates der Gegenwart, eines politischen Gebildes des Völkerrechts andererseits. Der Leser muss aber lernen, während der Lektüre des Kapitels §23 von Jeremias beide Begriffe zu vergessen. Israel ist bei Jeremias ein Konföderations-Staat, der den Namen Israel zwar für sich usurpiert hat, jedoch vom Glauben der Vorfahren weitgehend abgefallen ist [deswegen benutzte Jesaia, auch gelegentlich ֳמ ֶל ־ Jesaja §8.4) statt des Wortes Israel, z.B. im Falle( ש ְמ ר ון = das Wort Königreich Samaria = Schomrón
Pekach; König Israels (Jesaja §7.1) , ein Herrscher der in Personalunion König vom ֶפ ַקח ׅי ְש ָר ֶאל Konföderationsstaat Israel und gleichzeitig vom Bundesstaat Samaria war, wobei der Prophet Jesaja letztere Bezeichnung, als gleichbedeutend mit Israel bevorzugte]. Der Prophet Hosea hörte die Worte von IHVH an die abgefallenen Einwohner des Nordreiches Israel: (Hosea §1.9): „Ihr Seid ל ׄא־ ַע מי NICHT MEIN VOLK, so ל ׄא־א ה יה ל כ ם BIN ICH NICHT EUER (IHVH)“
Der Prophet Hosea ה ושע [https://de.wikipedia.org/wiki/Hosea (750–725 v. Chr.)].der einzige Prophet aus dem Nordreich- Israel, wurde mit der Tatsache konfrontiert, dass sein Land vom jüdischen Glauben abgefallen war und dass der Schöpfer persönlich diesen abtrünnigen Staat dem Untergang geweiht sieht [was auch 723 v.C. geschah; Friedrich-Samuel Rothenberg: „Geschichte Israels“ Seite 102, Brockhaus Verlag, Wuppertal. 1965]. Dieses abtrünnige Land Israel zwang „jede Frau im heiratsfähigen Alter sich in einem Baal-Tempel dem kananäischen Initiationsritus (der Tempelprostitution, der angeblich die spätere Fruchtbarkeit garantieren soll) zu unterwerfen“ [Kurt Henning und Jürgen Kuberski: Jerusalemer Bibellexikon, Hänssler Verlag, Neuhausen-Stuttgart, 1989, Seite358]. Also [Hosea §1.2-.4] „sprach IHVH durch Hosea: «gehe hin und nimm ein Hurenweib [ זנוּ ני ם = Snunim aus der Tempelprostitution] und Hurenkinder[ וַי לֵדיזנוּ נים=veialdísnunim],denn das Land läuftvo nIHVH[יהוה]weg und der Hurerei [ תזנה = Zisné ] nach». Und er ging und nahm Dschomer/ Gomer [ׄגמר ], die Tochter Diblaims, die bereits [von einem anderen Mann] schwanger war und die ihm einen Sohn gebar. Und IHVH sprach zu ihm: «Nenne ihn Jesreel [יזרעאל], so will ich die Blutschulden in Jesreel heimsuchen über das Haus Jehu und will mit dem Königreich des Hauses Israel ein Ende machen [https://www.scripture4all.org/OnlineInterlinear/OTpdf/hos1.pdf]
Anm.4
1974 Knaurs Sittengeschichte der Welt Bd.1 TB