Helke Sander
Die Entstehungsgeschichte der Kinderläden
2008
Siehe auch:
HISTORISCH-KRITISCHES WÖRTERBUCH DES MARXISMUS
HRSG. VON WOLFGANG FRITZ HAUG, FRIGGA HAUG UND PETER JEHLE
(mit von mir autorisierter Fassung über die Kinderläden)
Liebe Leserinnen und Leser.
Weil sich „1968“ zum 40. mal jährt und ich zu jedem neuen Zehn-Jahrestag mit den mehr oder weniger gleichen Fragen konfrontiert werde, antworte ich hiermit auf die Frage nach der Entstehung der Kinderläden wie folgt:
Der Anfang der Kinderladenbewegung
Zur Entstehung der Kinderläden sind mehrere Versionen im Umlauf. Die einen sehen sie in Frankfurt, andere in Berlin. Tatsächlich entstand in beiden Städten nahezu gleichzeitig eine neue Form der Kindergärten, deren Initiatorinnen anfänglich nichts voneinander wussten, obwohl ich, HS, in einer Kommune mit dem Bruder der Frankfurter Gründerin Monika Seifert, zusammenlebte. Für die meisten Kinderlosen war das schon damals „Gedöns“. Es lagen beiden Initiativen jedoch vollkommen unterschiedliche Konzepte zugrunde.
In Frankfurt baute Monika Seifert 1967 einen singulären Kindergarten auf, der für diese Gruppe modellhaft neue Erziehungsziele formulierte. Angesichts der Faschismuserfahrungen sollten die Kinder lernen, falschen Autoritäten zu widerstehen und innere Selbständigkeit. aufzubauen. Darum verstand sich dieses Modell im psychoanalytischen Sinn als „antiautoritär“ und es muss vor dem Hintergrund der damals üblichen öffentlichen Erziehung gesehen werden.
Das Berliner Konzept vom Januar 1968 ging von der Situation der Frauen aus.
Es fing mit einem missglückten Versuch im Sommer 1967 an, in dem ich am Schwarzen Brett des SDS nach Frauen mit Kindern suchte, um über Möglichkeiten gegenseitiger Hilfe zu sprechen. Das wurde von einem SDSler mit ungefähr folgenden Worten auf dem Zettel kommentiert, „dass die sich zu Tode emanzipierenden Frauen, was Neues gründen wollen…“
Im Dezember 1967 lernte ich Marianne Herzog kennen und wir beschlossen, dieses Thema im Januar 68 auf einer Veranstaltung zu debattieren und entwarfen mit Dorothea Ridder zu diesem Zweck ein Flugblatt, dass nur an Frauen verteilt wurde und zu einem Termin Mitte Januar in der FU aufrief, zu dem ca. 100 Frauen und einige Männer kamen und auf dem die ersten 5 Läden in verschiedenen Stadtteilen konzipiert wurden.
Die Kinderläden waren zunächst von uns als vorübergehende Selbsthilfe gedacht, um sich gegenseitig zu entlasten. Allerdings wollten wir – abweichend von der üblichen öffentlichen Erziehung – kinderfreundlichere Methoden entwickeln. (Ich hatte schon 1965 erfolglos das Buch „Summerhill“ von A.S. Neill mehreren deutschen Verlagen empfohlen). Im zweiten Schritt wollten diese Frauen die öffentliche Erziehung in ihrem Sinne verändern. Parallel zu diesem Anliegen und aus ihm heraus entwickelte sich in Berlin der „Aktionsrat zur Befreiung der Frauen“ und der Beginn der neuen deutschen Frauenbewegung.
Das 2. Treffen fand eine Woche später im Republikanischen Club in der Wielandstraße statt und wurde dort zu einem festen wöchentlichen Termin.
Der Name Kinderladen entstand in Berlin und bezog sich auf die damals vielen leerstehenden und billigen Tante – Emmaläden, die wegen der neuen Supermärkte aufgegeben hatten und für die neuen Kindergärten genutzt wurden.
Der Bedarf war riesig, das Berliner Modell der Selbsthilfe ungeheuer attraktiv und die Neugründungen so zahlreich – sie gingen bald in der BRD in die Hunderte – so dass schon nach einigen Monaten die wenigsten neu und dann schon meist unabhängig voneinander entstehenden Laden-Initiativen überhaupt noch irgendeine Ahnung von den damit verbundenen ursprünglichen Ideen hatten und unter einem Kinderladen in jeder Stadt eben hauptsächlich ein Kindergarten in Eigeninitiative verstanden wurde, in dem sich je nach Zusammensetzung der Mütter und Väter auch Ideen beider Konzepte wieder finden konnten.
Schon am 2. Treffen im Januar entstand zunächst der Name
„Aktionsrat zur Vorbereitung der Befreiung der Frauen“
der schon bald danach verkürzt wurde auf
„Aktionsrat zur Befreiung der Frauen“
Diese Frauen wollten sich gerne an den allgemeinen politischen Diskussionen beteiligen, wollten effektiver studieren, zu den vielen abendlichen Teach-Ins oder zu anderen Veranstaltungen gehen, aber sie bekamen das normalerweise organisatorisch und finanziell nicht zu ihrer Zufriedenheit geregelt.
Man darf nicht vergessen, dass dies eine Zeit war, in der niemals ein Mann mit Kinderwagen auf der Strasse gesehen werden konnte, kein Mann wäre auf den Gedanken gekommen, abends auf das Kind aufzupassen und stattdessen seine Frau zu einer Veranstaltung gehen zu lassen oder sie durch irgendeine Form der “Mithilfe“ zu entlasten. Wohngemeinschaften waren erst im Entstehen, in denen dank der Frauenbewegung auch diese Probleme zur Sprache kamen.
Kindergärtenplätze gab es nur wenige, die wenigen waren nahezu unzugänglich für studentische Mütter und sie waren vielfach unakzeptabel. Gruppen mit dreißig Kindern und einer Kindergärtnerin waren nicht selten. Die damalige öffentliche Erziehung war im Allgemeinen tatsächlich keine gute Alternative. Die Folge waren unzufriedene Kinder, Mütter und Erzieherinnen, strenge Kasernenhofregeln und oft weite Wege für die Mütter.
Aus dieser Diskussion am Küchentisch im Dezember 1967 (die ich in meinem Film „der subjektive faktor“ schildere) entwickelte sich das erste Flugblatt, das Anfang Januar 1968 geschrieben und von Dorothea Ridder vor der Uni nur an Frauen verteilt wurde. Darin stand sinngemäss, dass Frauen zwar Kinder bekommen sollen, immer für sie da sein und immer für sie sorgen sollen, aber praktisch von der Definitionsmacht über die Erziehungsziele ausgeschaltet sind. Sie haben nach der Geburt der Kinder keinen Einfluss mehr darauf, was weiter mit ihnen geschieht und wozu Kinder missbraucht werden können, weil Mütter nicht vorkommen als „gesellschaftliches Subjekt“. Mütter sollen sich „wie Mittelstandsneger“ verhalten, indem sie permanent zwischen der – nicht von ihnen definierten – Gesellschaft und den Bedürfnissen der Kinder – meist zu Ungunsten der Kinder – vermitteln müssen. Es wurden die Probleme der öffentlichen Erziehung angesprochen und ein zweites Flugblatt richtete sich direkt an Kindergärtnerinnen. Darin wurde formuliert, dass die Kindergärtnerinnen den Beruf einmal gewählt hatten, weil sie Kinder gernhaben. Die Realität erlaube es ihnen aber gar nicht, sich angemessen mit ihnen zu befassen. Die allgemeine öffentliche und/ oder kirchliche Erziehung sei unzumutbar.
Dies alles wurde auf dem ersten Treffen angedacht. Die Initiatorinnen fragten: Wer wohnt in Kreuzberg, Charlottenburg, Neukölln usw.? Mehrere Hände hoben sich, die ersten fünf Gruppen bildeten sich. Nach ca. drei Wochen war der erste Laden bezugsfertig.
Die meisten Frauen kamen zunächst wegen der Aussicht, das Kinderproblem für sich zu entschärfen, aber auch deshalb, weil sie auf Analyse drängten: Warum ist das ein Frauenproblem? Warum machen die Frauen die praktische Arbeit, die Männer die Theoretische? Wie drückt sich dieses Problem in der „normalen“ Politik aus? Sind wir die ersten, die sich mit solchen Fragen befassen? Wo lässt sich etwas darüber lesen? Warum sind Frauen oft so reaktionär? Warum behindern sie Streiks? Gibt es Gesellschaftern, in denen Frauen trotz Kindern nicht unterdrückt sind, nicht weniger Rechte haben, nicht ärmer sind als Männer, sich massenhaft an der Politik beteiligen? Warum gefällt uns die Sowjetunion nicht trotz Gleichberechtigung der Frauen? usw.
In den ersten Wochen waren die Kinderläden durchaus noch als vorübergehendes Provisorium gedacht. Die Aktionsratsfrauen gingen nicht davon aus, sie zu einer Dauereinrichtung zu machen und dafür öffentliche Gelder einzufordern. Im Vordergrund stand die unerträgliche Überforderung aller Frauen, verbunden mit Rechtlosigkeit auf vielen Gebieten und Unterbezahlung und Auswirkung auf die persönlichen sexuellen Verhältnisse, was zudem einher ging mit der Überforderung der Kindergärtnerinnen und der Verwaltung der Kinder. Als Ziel wurde formuliert eine angemessene öffentliche Erziehung für alle Kinder und – noch etwas pauschal – Definitionsmacht für Frauen. Keine Ausbildung der Kinder zu Kanonenfutter und lebensfeindlicher Politik.
Die Streikvorbereitungen für 1969
Das „Kindergärtnerinnenflugblatt“ war ein durchschlagender Erfolg. Es kamen so viele Kindergärtnerinnen in den Aktionsrat, dass es die räumlichen Möglichkeiten endgültig sprengte. Darum begannen sich die Kindergärtnerinnen bald extra zu treffen, um gemeinsam daran zu arbeiten, wie ihre berufliche Situation zu verändern sei. Das Besondere war, dass es ihnen nicht um ökonomische sondern um inhaltliche Verbesserungen ging. Noch 1968 wurde zwischen Aktionsrat und Kindergärtnerinnen beschlossen, auf einen Streik in Berlin hinzuarbeiten, der auf den 10. Juni 1969 festgelegt wurde. (Die verschiedenen gezeichneten Flugblätter vom Aktionsrat dazu befinden sich u.a. im Archiv für Zeitgeschichte München)). Im Aktionsrat wurden diese Streikvorbereitungen hauptsächlich unter dem Gesichtspunkt unterstützt, an diesem einen Tag zum erstenmal Frauenmacht öffentlich zu demonstrieren. Die Flugblätter wurden an die Frauen und die wenigen Väter vor den Kindertagesstätten verteilt und die meisten Eltern dieser Kinder erklärten sich bereit, den Streik zu unterstützen. Mit dem Streik sollte die Berliner Wirtschaft für einen Tag lahmgelegt und die Aufmerksamkeit auf die Bedeutung der Frauen gerichtet werden. Die Eltern, besonders die Frauen, die in den Fabriken oder als Angestellte überhaupt nur Zugang zu Kindergärten hatten, würden an diesem 10. Juni 68 nicht zur Arbeit erscheinen. Diese Machtdemonstration der Frauen sollte uns ein Bewusstsein der eigenen Kraft und Stärke geben. Dieser Streik sollte ein Gegengewicht bilden zu der verbreiteten Ansicht, dass Frauen nicht „alleine“ Politik machen und eigene Ziele formulieren können.
Allerdings waren wir alle damals politisch unerfahren und aus Unwissenheit leicht zu manipulieren.
Die Reaktionen der Eltern waren ungeheuer positiv und das Streikvorhaben sprach sich herum. Die Gewerkschaften (ÖTV und Komba) schalteten sich ein, zunächst mit dem Versprechen, die Kindergärtnerinnen und ihren Streik zu unterstützen. Die Hilfe bestand in der Übernahme der schon geschaffenen Infrastruktur. Tatsächlich aber zerstörten diese Organisationen die ganze Aktion. Sie brachten die Kindergärtnerinnen dazu, sich zu spalten in solche, die Mitglieder der Gewerkschaften waren und solche, die es nicht waren. Sie verlegten den Streiktermin, der seit Monaten fest stand und schließlich wurde nicht gemeinsam, wie ursprünglich geplant, sondern verteilt auf verschiedene Bezirke und ohne nennenswertes Presseecho hier und da gestreikt.
Es war ein herber Rückschlag, sowohl für die Kindergärtnerinnen wie für den Aktionsrat. Dazu kam die Enttäuschung über die „eigenen“ Leute. Die Frauen im Aktionsrat waren in der großen Mehrheit links bzw. Teil der Studentenbewegung. Die Flugblätter für den Streik wurden verschiedenen Wortführern im SDS vorgelegt und sie wurden um Unterstützung gebeten. Sie wurden dort nicht einmal diskutiert, weil die männliche Linke vollkommen auf den männlichen Arbeiter fixiert war und keineswegs begriff, was sich bei den Frauen abspielte und anbahnte. (Die sogenannte „Tomatenrede“ von mir im September 68, die den Ausschlag gab für die Gründung von Frauengruppen in allen westdeutschen Universitätsstädten, hatte nicht den von den Berliner Frauen geplanten Effekt, den SDS in die laufenden Streikvorbereitungen einzubeziehen).
Und es gab ein weiteres schwerwiegendes Problem, das schon im Februar 68 zum Vietnamkongress fassbar war, sich aber im Lauf der Monate sehr verschärfte.
Unmittelbar nach den ersten Aktionsratstreffen im Januar 68 und der Gründung der ersten Kinderläden durch Frauen, erschienen die ersten wutschnaubenden oder beleidigten und sich zurück gesetzt fühlenden Väter im Aktionsrat. Sie beschwerten sich darüber, dass ihre Frauen es gewagt hatten, selbständig und ohne sie, die Väter zu fragen, mit IHREN Kindern eine Aktion zu starten, die immerhin auch sie etwas anginge. Die meisten Frauen hörten das zum erstenmal, denn nirgendwo war es üblich, auch nicht in linken Kreisen, dass sich die Väter konkret um die Kinder kümmerten. Konkret: weder wickelten sie, kauften ein, wuschen Windeln, setzten aufs Töpfchen, gingen spazieren, zum Arzt, kochten das Essen usw. oder mussten fragen, wenn sie abends weggingen.
Es entstand eine vielfältig differenzierte und dynamische Gemengelage zwischen den Geschlechtern, in denen Väter und Mütter sowohl gemeinsame wie stark auseinanderdriftende Anschauungen vertraten.
Unter dem Strich waren die Frauen meist froh, dass die Männer plötzlich auch ein Interesse an ihrer Lebenswirklichkeit entwickelten und meist auch bereit waren, an den neuen Kinderläden mitzuarbeiten. Allerdings hatten sie nicht damit gerechnet, wie schnell ihnen die Initiative wieder aus der Hand genommen würde. Während die Diskussionen im Aktionsrat, in dem es ja nicht nur Mütter gab, noch darum gingen, in welcher Form in jeder Gesellschaft die Frauenunterdrückung mit der Kinderfrage zusammenhing und strategische Alternativen angedacht wurden, übernahmen schon stillschweigend die Väter die Führung und gründeten schon zum Vietnamkongress im Februar 68 den „Zentralrat der antiautoritären Kinderläden“. Frauen spielten in der Argumentation dann keine Rolle mehr, sondern der Zentralrat machte sich inhaltlich die antifaschistischen Ziele zu eigen, die im Kindergarten in Frankfurt z.T. schon formuliert worden waren, bzw. kamen selber drauf. Die Aktionsratsfrauen standen diesen Zielen auch aufgeschlossen gegenüber, sie fanden die Behandlung nur verkürzt und das „Antiautoritäre“ als Ideologie stand bei ihnen nicht im Vordergrund.
Exkurs
Interessant ist, dass ich (H.S.) zwischen 1967und 70 in einer Wohngemeinschaft zusammen mit Thomas Mitscherlich wohnte, dem Bruder von Monika Seifert aus Frankfurt, die dort ihren psychoanalytischen Kindergarten gegründet hatte. Davon erfuhr ich aber erst sehr viel später, sicher aber noch 1968. Das zeigt zweierlei: Die Kommunikation über Dinge, die Frauen wichtig waren, verlief kaum über Männer. Natürlich wusste Thomas von meinen Aktivitäten Ich sprach ja immer davon. Aber das war lange Zeit für die Männer auf gut sozialdemokratisch „Gedöns“. Irgendwann wurde von ihm nebenbei erwähnt, dass seine Schwester auch „sowas“ mache.
„Sowas“ war irgendwas mit Kindern. Allerdings machte die Schwester sowas ganz anders. Der Schwester ging es biografisch nicht darum, mit dem Kindergarten auch eigene Probleme als Frau lösen zu müssen, selber Zeit für sich zu schinden, sondern sie befasste sich beruflich mit Erziehungsfragen und hatte persönlich einen anderen materiellen Hintergrund als die jungen studierenden Frauen mit Kindern in Berlin.
In Berlin ging es um ein neues politisches Konzept, das Frauen als politisches Subjekt entwickelt hatten. In Frankfurt ging es zunächst um eine inhaltliche Neubestimmung vorhandener Kindergärten, ohne dass dies verbunden gewesen wäre mit Forderungen nach einer neuen öffentlichen Erziehung für alle und mit Frauenemanzipation.
Die Entwicklung
Hatten Frauen mit den Kinderläden angefangen, um Zeit für sich durch gegenseitige Hilfe zu bekommen, wurde nun durch die Übernahme der Männer im „Zentralrat“ daraus ein „politisches Projekt“ mit ununterbrochenen praktischen Tätigkeiten wie theoretischen Diskussionen und psychoanalytischen Sitzungen unterschiedlichster Intensität. Der Effekt für die Frauen war meist, dass sie nach kurzer Zeit noch mehr Arbeit hatten als vorher. Vorher wollten sie ein paar Stunden Freiheit und ihr Kind gut untergebracht wissen und sich in dieser Zeit mit den von ihnen selbst gewählten Themen befassen. Nun waren die Frauen im Netz der Kindergartendiskussion gefangen. Hier ist natürlich zu bedenken, dass bei der Vielzahl der Neugründungen das von einem Laden zum anderen mehr oder weniger befriedigend und mehr oder weniger ideologisch ablief. Hier lässt sich nichts über einen Kamm scheren, auch wenn der „Aktionsrat“ bald in den Läden des „Zentralrats“ Hausverbot bekam mit dem Argument, „man sei schon bei der Emanzipation des Menschen“.
Nahezu alle Kinderläden aber wurden nun als Dauereinrichtungen geplant und forderten und bekamen öffentliche Gelder. Das schwächte andererseits die Ziele des Aktionsrats und der Erzieherinnen, nach einer Verbesserung der vorhandenen Kindergärten.
Schnell wurden die Kinderläden berühmt und einige auch berüchtigt, was dann medial auf das ganze Konzept ausgedehnt wurde.
An den Veröffentlichungen über diese Einrichtungen lässt sich leicht ablesen, dass die Kinderladenerziehung zu einer fast vollständig männlich beherrschten Domäne geworden war.
Exkurs 2
Die Kinderfrage blieb ein Thema der Frauenbewegung. Allerdings nicht in ihrer Hauptströmung seit 1971. Sie war das zentrale Thema verschiedener Gruppen, u.a. Frauenforum München, „Brot und Rosen“ Berlin u.a.
1975 zum „Jahr der Frau“ wurde in einer öffentlichen Veranstaltung der Bundesregierung in Bonn von mir, als Vertreterin der Gruppe „Brot und Rosen“ und einziger Vertreterin der neuen Frauenbewegung der Einsatz von „Regierungs-Arbeitsgruppen“ gefordert, die ein Konzept erarbeiten sollten, wie alle Kinder unabhängig von ihrer Herkunft materiell unterstützt werden können.
Was heute Grundsicherung für Kinder heißt, hatten wir „gesellschaftliche Versorgung der Kinder“ genannt und erwartet, dass die Regierung zum Jahr der Frau diesen Gedanken aufnimmt und entsprechende Forschungsarbeiten initiiert. Es wurde nie mehr darauf reagiert.
Die Kinderläden waren nur ein Projekt des Aktionsrats.
Wie es weiter ging, steht in vielen anderen Schriften.
Anmerkungen
Filme von Helke Sander zu dem Thema:
„Brecht die Macht der Manipulateure“
„der subjektive faktor“
„Mitten im Malestream – Richtungsstreits in der neuen Frauenbewegung“
Alle Filme auf der DVD „Edition der Filmemacher: Helke Sander“
„Erziehung zum Untertan“ Film von Susanne Beyeler Erstsendung 20.2.70 WDR
Gerhard Bott: Verschiedene Filme über antiautoritäre Erziehung im NDR, allerdings ohne Bezug auf den Aktionsrat.
© Helke Sander Januar 2008